Man mag darüber streiten, ob die LED-Frontscheinwerfer etwas zu groß, die Rückleuchten zu ausladend und der Union Jack etwas zu aufdringlich am Fahrzeug positioniert wurde. Doch die brit-affinen Mini-Fans lieben ihren zweitürigen Hatch und kaum jemand von ihnen würde sich in den Viertürer, Club- oder Countryman vergucken. Mini, das ist für die meisten eben der Hatch und der ist für die Liebhaber einfach klasse. Denn er macht nahezu auf jedem Kilometer echte Laune, verbreitet jene Freude am Fahren, die BMW seit Jahren proklamiert. Nach wie vor ist der Mini Cooper S auch mit Handschaltung zu bekommen. Natürlich ist die gute Sechsgangschaltung nicht derart komfortabel wie die Getriebeautomatik und verbraucht in der Realität wohl auch etwas mehr Kraftstoff. Doch ist man erst einmal auf der Landstraße unterwegs, spürt man schnell, was man an einer solchen Handschaltung hat. Vor der Kurve heruntergeschaltet, leicht angebremst und am Scheitelpunkt wieder mehr Gas und schließlich der Gangwechsel in die Schaltstufe drei, vier und dann fünf. Es gibt prächtige Landstraßen im Süden der USA und gerade in Bundesstaaten wie Tennessee, North oder South Carolina finden sich zahllose Möglichkeiten, mit einem Mini Cooper S seinen Spaß zu haben. Dafür muss es sogar nicht immer ein Ausflug auf den legendären Tail of the Dragon als Teil des Highways 129 mit seinen 318 Kurven sein.
Doch wer sich für einen Mini entscheidet, der sollte keinen Gedanken an die schwachen Basisvarianten verschwenden. Entweder man erwählt die flotte und allemal spaßige Elektroversion, bei der allein die allzu früh abgeregelte Höchstgeschwindigkeit von 150 km/h und eine überschaubare Reichweite nerven. Doch Mini One, Cooper oder selbst der bissige John Cooper Works – sie alle kommen nicht heran an den Mini Cooper S heran, der mit seiner mittlerweile auf 131 kW / 178 PS reduzierten Leistung jede Menge guter Laune macht und dem auch im flotten Autobahntempo kaum jemand wegfährt. Wenn es sein muss, rennt der nicht mehr ganz so frische Jüngling aus Oxford bis zu 235 km/h. Das sollte ebenso reichen wie das nahezu unbedeutende Beschleunigungspotenzial 0 auf Tempo 100 in 6,6 Sekunden. Mehr braucht keiner – weniger aber eben wohl auch nicht, denn nur der Cooper S erspart einem den emsig rasselnden Dreizylinder aus dem BMW-Regal. Denn der Zweiliter-Vierzylinder ist die deutlich bessere Wahl und bietet bei aller Sportlichkeit einen soliden Realverbrauch, der gut um die acht Liter pro 100 Kilometer liegt.
Das Fahrwerk ist klasse – zugegeben, wenn man es sportlich mag. Denn ein Komfortgenuss ist der Mini ebenso wenig wie seine dynamischen Vorgänger. Je nach Fahrprogramm und mit den optionalen Verstelldämpfern kann man es sich etwas kommoder machen, doch das grundsätzliche sehr stramme Gesamtpaket bleibt und ist ohnehin einer der Gründe, weshalb sich der Mini einer solche treuen Fangemeinde erfreut. Bei Querfugen und groben Fahrbahnunebenheiten wird es im Innern des 1,2 Tonnen schweren Fronttrieblers jedoch recht ungemütlich. Die Lenkung ist abgesehen von den antriebsbedingten Störungen prächtig und die Bremse ist so stramm, wie man es sich wünscht. Ungewöhnlich: der Cooper S verfügt noch über eine manuelle Handbremse, die bei den meisten Wettbewerbern längst verschwunden ist.
Was der Mini gerade als Cooper S kann, ist Design, Lifestyle und eine gute Vernetzung. Man kann trefflich darüber streiten, ob der Dreh-Drücksteller und die Menütasten unten am Mitteltunnel der rechte Ort für ein Bedienmodul sind. Doch es gibt immer noch Sprachebefehle und einen guten Touchscreen. Dass dieser in der heutigen Zeit und insbesondere angesichts der zentralen Einbindung des Smartphones ins Autoleben gerne etwas größer als 8,8 Zoll sein könnte, ist kaum zu verneinen. Doch dafür ist er stylish in eine zentrale Runduhr eingebunden, um an den Centerspeedo des Ur-Mini zu erinnern. Wer sich von einer gleißend hellen Bedienleinwand erleuchten lassen möchte, ist im Mini falsch – alle anderen sitzen goldrichtig. Denn die bestens konturierten Ledersitze bieten nicht nur guten Seitenhalt, sondern auch einen guten Langstreckenkomfort. Allein die ausziehbare Oberschenkenauflage wirkt wenig wertig und hinterlässt bei ausgezogenem Zustand eine störende Lücke, die sich am Oberschenkel bemerkbar macht. Leider ist die manuelle Sitzverstellung durch zwei Hebel an der Flanke ein schlechter Witz und elektrische Sitze sucht man vergeblich.
Mehr denn je lässt es einen angesichts des guten Ledergestühls den Kopf schütteln, dass die bayrischen Briten in der neuen Generation auf Ledersitze komplett verzichten und durch Kunststoffe verzichten wollen. Gerade einer Marke, der die Historie der bisherigen Modelle so wichtig ist, sollte die potenziellen Kunden nicht derart bevormunden. Die Instrumente gehen in Ordnung, wenngleich das Head-Up-Display auf der ausfahrbaren Kunststoffscheibe, die sich aus dem Armaturenbrett reckt, an eine billige Bastellösung erinnert. Wenig stimmig für ein Fahrzeug, das aktuell mindestens 32.450 Euro kostet. In Sachen Komfort lässt sich der Mini Cooper S mit einigem angenehmen ausstaffieren. In Sachen Fahrerassistenzsysteme gibt es störende Lücken, denn der Abstandstempomat funktioniert gerade einmal bis Tempo 140 und einen Totwinkelwarner im Außenspiegel sucht man vergeblich. Da man nach hinten gerade bei aufgestellten Kopfstützen nur wenig sieht, ist die Rückfahrkamera eine gute Wahl.
Beim Platzangebot darf man schon angesichts der überschaubaren Fahrzeuglänge von 3,85 Metern keine Wunder erwarten. Doch vorne lässt es sich schon wegen der niedrigen Sitzposition prächtig aushalten. Die hinten Sitzplätze sind kaum für den Aufenthalt von Erwachsenen gedacht und selbst für Kinder ist die Kletterpartie in den Fond nur am Anfang unterhaltsam. Daher besser die beiden belederten Rücksitze für die schicke Jacke oder die Handtasche nutzen, die sich dann im 211 Liter kleinen Laderaum nicht verstecken müssen. Wer die Rückbank getrennt umlegen möchte, kann diese mit zwei Handgriffen tun und vergrößert das Gepäckabteil auf bis zu 731 Liter.
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